Grenchen, 19. Juli 2015

Kolumne Dienstag, 21. Juli 2015 im Grenchner Tagblatt

«bauen - spekulieren - rentieren?»

Der beschlossene Negativzins der Nationalbank ist mit ein Grund, dass wieder vermehrt gebaut und in Immobilien investiert wird. Davon zeugen auch die zahlreichen Baukräne in der Stadt Grenchen. Mit den neu erstellten Immobilien wird immer noch eine Bruttorendite von über 6 % erwirtschaftet.
«Monopoli» - sprich Spekulationen - sind daher auch in Grenchen angesagt.

Das ehemalige EPA-Gebäude in Grenchen wurde trotz von mir aufgezeigtem, grossem Sanierungsbedarf innen und aussen, nur mit einem Farbanstrich für die Fassade – einer sogenannten «Pinsel-Renovation» – versehen. Anschliessend wurde das Gebäude vom Besitzer mit Gewinn weiter verkauft.

Beim Sunnepark in Grenchen ist nach der gelungenen Umnutzung des Spitals in ein Alterszentrum eine Überbauung im ehemaligen Spitalpark geplant. Nicht das von den Fachleuten gelobte Siegerprojekt des Architekturwettbewerbes – von einem bekannten Architekturbüro – mit rund 100 Wohnungen wird umgesetzt, sondern ein «Spekulationsobjekt». Es geht nun nicht mehr um ein Investitionsprojekt der Sunnepark Grenchen AG, sondern darum, einem gewinnorientierten Investor die Türen für die Realisierung eines «Renditeobjektes» mit über 160 Wohnungen zu öffnen.

Die Kantonale Pensionskasse des Kantons Solothurn hat an der Jurastrasse eine Überbauung mit drei Mehrfamilienhäusern und 30 Wohnungen in ihrem Portfolio. Der Mietpreis zum Beispiel für eine 3 1/2 Zimmerwohnung liegt mit ca. CHF 2'000.00 im oberen Segment für Grenchen. Die Pensionskasse tritt nicht als Investorin oder Bauherrin auf, sondern kauft das Projekt nach der Realisierung. Mit diesem Vorgehen kann die Pensionskasse das Submissionsgesetz umgehen. An der Bautafel konnte man die beteiligten Handwerker ablesen. Ich stellte fest, dass praktisch keine Firmen aus der Region Grenchen beteiligt waren.
Dies stösst bei vielen mir bekannten Bauunternehmungen und Bauhandwerkern «sauer» auf.

Im Lingeriz-Quartier hatte ich in letzter Zeit die Möglichkeit verschiedene Wohnbauten und ihre Wohnungen neu zu beurteilen. Das Quartier hat unverdientermassen einen zu schlechten Ruf, sicher auch wegen dem Unterhaltsstau bei verschiedenen Gebäuden und Wohnungen. Den zum Teil auswärtigen Wohneigentümer geht es auch hier vor allem darum ohne Investitionen eine Rendite – die zurzeit wesentlich höher ist als bei Banken oder Aktienanlagen – zu erzielen.

Die aufgezählten Beispiele verdeutlichen: Immobilienbesitzer haben oft nur ein Ziel, eine möglichst grosse Rendite zu erwirtschaften.

Land ist ein wichtiges Gut, damit muss sorgfältig umgegangen werden. Spekulationen mit Land und Immobilien müssen politisch «unterbunden» werden. Gefragt ist qualitativ, guter Wohnungsbau mit ansprechender Architektur zu vernünftigen Zinsen! Die Wohnungen müssen auch für Familien und ältere Menschen bezahlbar sein. Eine Möglichkeit den Spekulationen entgegen zu treten, ist eine soziale Wohnbau-Genossenschaft in der Stadt Grenchen zu gründen.

Remo Bill, Präsident und Fraktionschef SP Grenchen