KR-Sitzung, Mittwoch, 22. März 2023

Traktandum 25
Auftrag Fraktion FDP. Die Liberalen: Einführung des Unternutzungsabzugs beim Eigenmietwert (A 0076/2022)

 

 

Geschätzte Kantonsratspräsidentin
Geschätzte Regierung
Liebe Kolleginnen und Kollegen

Die SP/junge SP sieht die Einführung eines Unternutzungsabzugs grundsätzlich kritisch. Dies aus verschiedenen Gründen:

1. Punkt: Raumplanung

Der Unternutzungsabzug steht diametral im Widerspruch zu einem haushälterischen Umgang mit Wohnraum. Gem. Martin Neff, Chefökonom der Raiffeisen-Gruppe und langjähriger Beobachter des Schweizer Immobilienmarkts, hat die Schweiz einen Baulandengpass, und die vielzitierte Verdichtung funktioniere nicht annähernd, um diesen Engpass zu beseitigen.
In den vergangenen vier Jahren hat man sich pro Kopf mehr Wohnraum und mehr Wohnungen geleistet in der Schweiz. Das begann schon kurz vor der Pandemie und hat nicht nur mit der zunehmenden Individualisierung zu tun, sondern auch mit der Tatsache, dass wir immer älter werden.
Den höchsten Verbrauch an Wohnfläche pro Kopf haben laut dem Immobilienberatungsunternehmen Wüest Partner Personen ab 75 Jahren – dies vor allem deshalb, weil sie überdurchschnittlich oft allein leben.
Fazit:
Aus dieser raumplanerischen Perspektive ist klar, dass es sich nur um eine Härtefallregel handeln darf.

2. Punkt: Gleichbehandlungsgebot gegenüber Mieter/Innen

Im Unterschied zu Wohneigentum müssen die Mieterinnen und Mieter den vollen Mietzins entrichten und nicht bloss die Einkommensteuer auf einem entsprechen-den Eigenmietwert.
Es lässt sich deshalb nicht einfach erklären, weshalb den Eigenheimbesitzerinnen und –besitzern mit einem zusätzlichen Steuerabzug der Verbleib in den eigenen vier Wänden erleichtert werden soll, während Mieterinnen und Mieter in der gleichen Situation in ein für sie tragbares Mietverhältnis wechseln müssen, weil sie das Steuerrecht nicht gleichermassen unterstützt.
Fazit:
Aufgrund des Gebots dieser Gleichbehandlung ist klar, dass es sich nur um eine Härtefallregel handeln darf.

3. Punkt: grundsätzliche Feststellungen

Die Mehrheit der Kantone kennt keinen Unternutzungsabzug. Die Lehre würdigt den Abzug kritisch und empfiehlt eine sehr restriktive Handhabung.
Der Unternutzungsabzug ist grundsätzlich gedacht für Härtefälle in Kantone mit hohen Eigenmietwerten. Davon ist der Kanton Solothurn weit entfernt bei selbstbewohnten Liegenschaften. So erklärt das Finanzdepartement des Kantons Wallis den fehlenden Abzug mit den relativ tiefen Mieten und einem massvollen Eigenmietwert.  

Zum Schluss muss nüchtern festgehalten werden, dass die Kontrolle der Unternutzung bisher nicht gemacht wurde bei der Bundessteuer und auch künftig bei der Einführung auf Staats- und Gemeindesteuer eine Alibiübung bleiben wird.
Fazit:
Aufgrund dieser kritischen Feststellungen ist klar, dass es sich nur um eine Härtefallregel handeln darf.

Mit dem geänderten Wortlaut der Finanzkommission und insbesondere mit der Präzisierung, dass es sich
1. nur um Härtefälle handeln darf und
2. nur für tiefe und mittlere Einkommen Anwendung findet, ist die SP/junge SP einverstanden.

Zudem wird im geänderten Wortlaut mit dem Verweis auf die Vernehmlasungsvor-lage zur Totalrevision Katasterschätzung nochmals unterstrichen, dass es gezielt und nur um eine Härtefallmassnahme geht. Die damals vorgeschlagene Härtefallregelung für tiefe Einkommen hat die SP ebenfalls befürwortet.

Die SP/junge SP stimmt dem geändertem Wortlaut zu.

Die SP/junge SP präferiert klar die Umsetzung im Rahmen der Totalrevision der Katasterschätzung und nicht als separate Vorlage.

Remo Bill, Kantonsrat SP, Grenchen